THE INTERNATIONAL TRIO


Von 1974 bis 1982 lebte ich in West-Berlin, wenn ich nicht mit meinem Trio auf Tournee war. Wohl 1980 war mein alter Freund Reimer von Essen, der Bandleader der Frankfurter Barrelhouse Jazzband und ehemals, in den Sechzigerjahren, Mitglied eines der frühen Trevor Richards Trios, über Weihnachten zu Besuch. Wir hatten einen Silversternacht-Gig, den ich nicht vergessen werde – ich musste mit drei gebrochenen Zehen am rechten Fuß spielen.


Während wir uns bei (und später von) ein oder zwei Flaschen festlichen Weines erholten, besprachen wir die Idee, uns mit Art Hodes aus Chicago zusammenzutun, der damals mit anstrengenden Tourneen als Solopianist
in europäischen Jazzclubs zu kämpfen hatte. Wir beide empfanden schon lange große Hochschätzung für seine Kleingruppen-Aufnahmen aus den Vierzigern. Nach abgeschlossenem Gärungsprozess unserer Pläne schafften wir es dann wirklich, The Art Hodes International Trio zu gründen. Es begann im November 1981 und tourte zehn großartige Jahre hintereinander bis zu Art’s gesundheitlich längst fälligem Rückzug.  

Für die nächsten zehn Jahre folgte ihm der Virtuose Ralph Sutton, eine einzigartige musikalische Naturgewalt am Klavier. Henri Chaix war unsere erste Wahl, wenn es einen Engpass in Ralph’s gut gefülltem Zeitplan gab.




Der zeitweilige Gast Red Richards, in den dreißiger Jahren Schüler von Fats Waller,  und Christian Azzi aus Paris waren beide auch Lieblingspianisten von Sidney Bechet. Über die Jahre, nein: Jahrzehnte, ergaben sich enge Freundschaften zwischen uns und diesen Giganten einer untergegangenen Ära von Individualisten, und unsere Erinnerungen daran sind uns kostbar.


Nach fast dreißig Jahren fiel uns auf, dass allmählich wir selbst die ältere Generation geworden waren und nun jüngere Pianisten engagieren mussten. David Boeddinghaus ist ein brillanter, äußerst kenntnisreicher und sehr beschäftigter Nachwuchs in New Orleans, nun gefolgt von Paul Asaro, der die musikalische Palette des Trios um reizvolle Gesangseinlagen bereichert.  




Reimer und ich kannten unseren ersten Gaststar, Abbi Hübner, aus früheren Tagen: Reimer traf ihn in den fünfziger Jahren in Hamburg, und ich stieß 1965 zu seiner Band, bevor ich über den Atlantik nach New Orleans „trampte“. Er ist ein Patriarch und ein Musterbeispiel des klassischen Jazztrompetenspiels. Unsere Aufnahmen mit ihm gehören noch immer zu unseren Lieblingen.

Rod Mason war ein phänomenaler Kornettist, und es war Glück für uns, ihn so nahe zu haben für die paar Konzerte, die wir mit ihm spielten. Dasselbe gilt für John Defferary, sowohl was Qualität, als auch was die Erreichbarkeit betrifft.  

René Franc war in Bechet’s erster Band in Frankreich, als dieser 1949 nach Europa zurückkam, um sich dort niederzulassen. René konnte bei dem Maestro studieren, was seinen Stil unmissverständlich prägte und sich wohl in seinen Genen niederschlug, denn er gab es weiter an seinen Sohn Olivier, der sich weltweit in genau diesem Fach hervortut und sich seit nunmehr zwanzig Jahren bei uns im Trio einen geehrten Platz bereitet hat.

Leider gab es 2017 einen großen Umbruch im International Trio: Reimer musste sich aufgrund ernster gesundheitlicher Probleme von der Gruppe verabschieden. Es ist uns aber gelungen, den bestmöglichen Nachfolger zu verpfichten: den renommierten Holzbläser Thomas L’Étienne aus Hamburg. Damit sind der internationale Charakter und die musikalische Tradition dieses Vier-Mann-Trios erhalten geblieben.